Via Lemovicensis

Trostlose Dörfer begleiten meinen Weg

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29. Aprile 2018

Bei der Heiligen Bernadette habe ich ausgezeichnet geschlafen. Die Heilige aus Lourdes hat ihre letzten Tage hier im Kloster St. Gildard verbracht, nachdem ihr der Rummel nach ihren Marienerscheinungen und Heilungen zu gross wurden. Ich glaube, sie hat mich zudgedeckt und über mich gewacht. Jedenfalls wache ich quickfidel auf und schau aus dem Fenster. Schönstes Wetter, viel Sonne – was will das Pilgerherz schon mehr. Also schnell hineien in meine Kluft und los gehts. Heute möchte ich nach Saint-Parize-le-Chatel gehen, ein kleines Nest rund 20 Kilometer von hier. Es geht über einsame Strässchen dahin, kleine Steigungen und Natur pur wechseln sich ab. Keine Autos, Nur Weiden, Äcker und Kühe begleiten meinen Weg. Viel Zeit um nachzudenken.

Formel 1 lässt grüssen

Schon bald begleitet mich aber ein ziemlicher Lärm, ich habe Gegenwind und höre schon lange das Motorengeheul von Magny-Cours, einer Formel 1 Strecke in Frankreich. Mein Bruder als Motorsport-Fan würde es lieben. Jedenfalls durchquere ich diesen magischen Ort der Rennsport-Nostalgiker – mehr wie ein kleines Kaff gibt es nicht her – die Strecke liegt rund drei Kilometer ausserhalb. Dann überlege ich mir, doch weiter zu gehen als geplant. Die letzten Kilometer ziehen sich endlos hin. Die Ortschaften, die ich durchquere, erinnern mich an Geisterstädte. Kein Kaffee, keine Bar, keine Menschen – einfach nichts. So gehe ich immer weiter, Schritt für Schritt, Meter für Meter. Am Ende sind es rund dreissig Kilometer an der Zahl. Ich bin fix und foxy.

Drei Stunden für eine Pizza

Dafür nehm ich mir ein hübsches Hotel. Nur mit der Esserei ist es auch hier schwierig. Saint-Pierre-le-Moûtier hat etwas über 13000 Einwohner und mehrere Lokale. Die sind alle wie ausgestorben, auch auf den Strassen ist niemand zu sehen, obwohl es ein angenehmer Abend ist. Ich weiss nicht, was die Eingeborenen hier am Wochenende machen, Party feiern aber definitiv nicht. Um acht Uhr sehe ich einen Pizzaladen und möchte so einen italienischen Fladen bestellen. Der Pizzaiolo sagt mir, ich könne sie um 23 Uhr abholen. Na dann Mahlzeit. So esse ich heute mit leichtem Frust mein Baguette und einen guten Fromage dazu. Pilgern ist halt auch Essenslust.

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